Der Rahmen für die Ausbildung der Kinder und Jugendlichen ist die daoistische Lehre der 5 Wandlungsphasen des Qi, aus der heraus die konkreten Inhalte abgeleitet werden. Der Wandlungsphase Holz (ausdehnen, wachsen) ist der Drache zugeordnet, dem Metall (zusammenziehen, konzentrieren) der Tiger, dem Wasser (nach unten sinken, sammeln) die Schlange, dem Feuer (aufsteigen, nach oben lodern) der Phönix und der Erde (der Mitte, der Basis, dem Fundament) die Schildkröte.
 
Als Hilfe zum Verständnis des Stils der 5 Tiere erzähle ich folgende Geschichte:                                        
Es war einmal ein Drache, der zog alleine durch die Welt. Weil er als Drache so stark war, konnte er alle besiegen. Bis er eines Tages auf einen noch stärkeren Drachen traf, dem er unterlegen war. Frustriert schaut er sich um und traf eine Tigerin. Er verbündete sich mit ihr. Zusammen griffen sie den größeren Drachen an. Durch die Schnelligkeit und Dynamik der Tigerin, ihrer Fähigkeit sich heimlich und leise zu bewegen, und der Stärke des Drachens besiegten sie zusammen den großen Drachen. Und, wie das Leben so spielt, verliebten sie sich ineinander, heirateten und bekamen ein Baby: den Tiger-Drachen. Der Tiger-Drache hatte die Fähigkeiten des Drachen und des Tigers. Im Laufe der Zeit verschmolz der Tiger-Drache die Qualitäten seiner Eltern zu einer Fähigkeit. Er lernte nicht nur entweder Tiger (wenn er sich bewegt) oder Drache (wenn er mit Schlägen, Griffen oder Tritten traft) zu sein, sondern wurde zu etwas neuem, er wurde zur Schlange. Die Schlange hatte alle Fähigkeiten des Drachens und des Tigers, konnte aber noch etwas. Sie konnte in einem Zwischenzustand zwischen Ausdehnen und Zusammenziehen verharren, und von dort sich zum einen oder anderen Verändern. Nach einer Weile merkte die Schlange, dass ihr noch etwas fehlte. Sie begann zu Meditieren. Im Laufe der Zeit sank ihr Qi nach unten, verfestigte und mehrte sich. Nach einer weiteren Weile stieg aus diesem gefestigten Fundament der Geist auf und schwebte über der Schlange. Der Phönix war geboren. Nach einer weiteren Weile kehrte der Phönix zurück, erkannte, dass er Schlange, Phönix, Tiger und Drache in einem war und verwandelte sich in eine Schildkröte. So ward der Schildkröten-Meister geboren, der alle Qualitäten der 5 Tiere in sich vereint, aber unauffällig und bescheiden sein Leben führte.      
Da die Filme des „Kung Fu – Pandas“, zumindest bei an Kung Fu interessierten Kindern,  zum Erfahrungsschatz gehören, ist ein Verständnis der Schildkröte als Kung Fu-Meister (Meister Oogway) vorhanden.         
 
Konkret erfolgt die Ausbildung in folgenden Schritten:
 
1. Grundlagen der 5 Tiere:
Spielerisches und altersgerechten Auseinandersetzung mit den Qualitäten der 5 Tiere.
Innere Qualitäten:                                                                                                                                            
Disziplin: Den „Inneren Schweinehund“ an die kurze Leine nehmen.                                                                          Konzentration (Sich nicht ablenken lassen, mentale Präsents) und dem Bewusstsein, dass der größte Ablenker der eigene innere Schweinehund ist.                                                                                                                              
Koordination (Mit seinem Körper machen was man will, aber nur was er kann).                                         
Kondition (Ausdauer) und diese nicht nur aufs körperlich, sondern auch auf das Mental zu beziehen.        
Nervenbahnen stärken (Schaffen von Körperbewusstsein)  
Trainingsinhalte:                                                                                                                             
Aufwärmtraining, Grundlegende Qi Gong- und Nei Gong-Übungen, 2 Drachen-Fäuste (Fauststöße), 4 Drachen-Schwanze (Unterarm-Blöcke), 1 Tiger-Griff (Griff-Technik), 2 Schlangenübungen (Dehn-Übungen), Phönix- Übung (Gleichgewichts-Übung), Übungen zum Training der Tier-Waffen, 9 Tierlinien (komplexere Bewegungsfolgen, Kombinationen von Arm- und Bein-Techniken).
Ziel hierbei ist es die Kinder zu einer konzentrierten, dem Kung Fu entsprechenden Arbeits-Atmosphäre anzuleiten. Diese Phase kann, je nach Alter 1-2 Jahre, dauern. Abschluss bildet die Grundlagen-Prüfung des Stils der 5 Tiere.
 
2. Drachen-Stil:                                                                                                                              
Qualität: „Wo ein Drache hinschlägt oder hintritt, wächst kein Gras mehr“. Der Drache ist das Kraft, Power-Tier. Es geht darum Stehvermögen, körperlich als auch geistig zu kultivieren.
Äußere Ebene (Techniken): 6 Drachen-Schwänze (Unterarm-Blöcke), 9 Drachenfäuste (Fauststöße), 3 Drachen-Kicks (Fußtritte)                                                      
Mittlere Ebene (Ebene der körperlichen Präsenz): Drachenstand (starker, fester Stand), Drachen-Rücken (leicht beweglicher Schildkrötenrücken), Schulter-integration: „Die Arme bewegen, ohne die Schultern (Schulterblätter u. Schlusselbeine) mit zu bewegen“                                                            
Innere Ebene (Essenz): Drachen-Qi, die Fähigkeit an jeder Stelle des Körpers die innere Kraft sich ausdehnen zu lassen. Zuerst in den Drachen-Fäusten und Drachen-Schwänzen mit dem Ziel an Stelle des Körper Drachen-Qi konzentrieren zu können (Eisenhemd).
Das Grundlagentraining wird um die neuen Techniken, eine Drachen-Qi Gong Folge, Partnerübungen und zwei fortgeschrittene Drachen-Linien erweitert.
Ziel des Trainings ist es, die körperliche und geistige Präsents der Kinder weiter zu stärken. Die Kultivierung von Selbstwahrnehmung und die Fähigkeit diese auch in komplexen Bewegungen zu wahren ist der erste Schritt (Nervenbahnen stärken). In einem zweiten Schritt lernen die Kinder sich wie ein Drache zu verwandeln. D.h. die körperliche Präsent des Drachen (Fester Stand; starker, grader Rücken; kräftige, integrierte Schultern) auf Kommando einzunehmen, sowie mental auf den Punkt zu sein. Diese Phase der Kung Fu Ausbildung kann sich je nach Alter 2 – 4 Jahre ziehen. Auch hier steht am Ende eine Prüfung in der die Grundlagen des Drachenstils theoretisch und praktisch geprüft werden.
 
3. Tiger-Stil:                                                                                                                                               
Qualität: „schnell, dynamisch, heimlich, leise“. Der Tiger erweitert die Fähigkeiten des Drachens um die Qualitäten eines Raubtieres, das sich an seine Beute anschleichen und dieser auflauern muss. Fähigkeiten wie Geduld, Zurückhaltung, Selbstbeherrschung, Schnelligkeit und Geschmeidigkeit sind das Thema.
Äußere Ebene (Techniken): 6 Tiger-Griffe, Tigersprung (Sprungtechnik in Kombination mit Fußtritten)      
Mittlere Ebene (Ebene der körperlichen Präsenz): Tigerkörper (die Fähigkeit, sich wie eine Katze „aus den Knochen heraus zu bewegen, d.h. sich geschmeidig unter einem Minimum an Muskelspannung zu Bewegen)                                 
Innere Ebene (Essenz): Tiger-Qi, die Fähigkeit den Geist, später die Innere Kraft, erst in den Knochen, später an jeder Stelle des Körpers zu konzentrieren.
Das Drachenstil- Training wird um die Tiger-Techniken, weiterführende Drachen-Qi Gong Folgen, der Tigerbeinfolge (einfache Schrittfolgen), fortgeschrittene Tiger-Linien und den komplexeren Meister-Linien erweitert.
Ziel hierbei ist es, die körperlich-geistige Präsenz der Kinder weiter zu trainieren und diese in immer komplexeren und schneller ausgeführten Bewegungsabläufen zu kultivieren. Diese Phase zieht sich je nach Alter ebenfalls 2-4 Jahre. Diese Phase schließt ebenfalls mit einer theoretischen und praktischen Prüfung der Grundlagen des Tigerstils ab.
 
4. Tiger-Drachen-Stil:                                                                                                                                   
Bisher standen der Tiger und der Drache sozusagen unverbunden nebeneinander. Im Tiger-Drachen geht es darum, den Drachen mit dem Tiger zu verschmelzen. Ein erster Schritt ist, dass die Jugendliche sich immer wieder bewusst machen, dass sie, wenn sie sich bewegen Tiger, wenn die Techniken „treffen“ Drache sein sollen.
Das Training wird um anspruchsvollere Warm Up-Übungen, Übungen zur Kultivierung  von Lockerheit und Schnelligkeit in der Bewegung (aus der Kampfkunst Tom Bai Chuan entlehnte Trainingsfolgen), einem Tiger-Qi Gong zur Konzentration von Geist und Qi in den Knochen und einem Qi Gong zur Kultivierung von Ming Jing (Offensichtlicher Kraft, Drache) und An Jing (Versteckter Kraft, Tiger) erweitert. Darüber hinaus lernen sie noch komplexere Bewegungsfolgen, die auf eine Integration der Bein- und Armtechniken zu einem abziehen.
Ziel des Trainings ist es den Jugendlichen zu vermitteln, dass die, durch den Geist (Bewusstsein) initiierte körperliche Präsenz bedeutsamer ist als die Techniken. Die natürlich vorher hinreichen gemeistert werden müssen. Diese Phase kann frühestens mit Eintritt in die Pubertät beginnen, da dann erst „der Geist sich verfestigt“ wie man im Kung Fu sagt. Vorher bringen Kinder das nötige Maß an Konzentration nicht auf. Jugendliche brauchen je nach Reife 1-3 Jahre für diese Phase der Ausbildung. Der Übergang zum Schlangen-Stil erfolgt fliesend.
 
5. Schlangen-Stil:                                                                                                                                               
Im Schlangen-Stil geht es um die Bewusstmachung und Kultivierung der Inneren Kraft, Qi genannt. Im Kung Fu sagt man dazu, es geht um die Ausbildung des 2. Körpers. Dieser 2. Körper ist eine Entität des Gefühls, das über den Geist (Bewusstsein) gebildet wird. Zuerst muss das Konzept verstanden werden, um dann, ausgehend von den Erfahrungen der bisherigen Ausbildung, angewendet zu werden. Ziel hierbei ist es, dass das Bewusstsein, dass nun den ganzen Körper durchdringt, in der Lage ist, aufgrund des Wollens die Präsenz eines Tigers, eines Drachens oder einer Mischung (Tiger-Drache) zu initiieren und sich dieser „Fähigkeit“ als etwas Substanzielles (Qi) bewusst ist. Dies kann bei ausreichender Praxis zu Fähigkeiten, wie sie uns aus den Demonstrationen der „Shaolin Mönchen“ bei ihren Shows bekannt sind, führen. Diese Phase setzt eine überdurchschnittliche körperlich-geistige Präsenz voraus, die nur von Jugendlichen / jungen Erwachsenen, die die vorherigen Stufen mit Erfolg durchlaufen haben, erreicht wird.  Wenn die Jugendlichen / junge Erwachsene den 2. Körper hinreichend ausgebildet haben, d.h. sie das Qi (Innere Kraft) hinreichend kontrollieren können, können sie die Schlangen-Stil Grundlagenprüfung ablegen. Hier mündet das Training des 5 Tiere Stils in das Erwachsenen-Training auf der Ebene „Arbeit am Qi“ ein. Methode hierfür die Innere Kampfkunst Hsing I Chuan. Dies ist eine offene Phase, da hierbei kein Ziel vorgegeben ist. Hsing I Chuan ist eine Methode Körper, Geist und Gefühl bis ins hohe Alter zu trainieren und fit zu erhalten.
 
6. Phönix-Stil:                                                                                                                                                     
Der Stil der 5 Tiere ist, wie oben schon erwähnt, ein von mir und meinem Meister kreierter Stil, der das Ziel hat, den selbst für Erwachsene schon schwer zu verstehenden 8-fachen Pfad der Kultivierung des Selbst für Kinder und Jugendliche begehbar zu machen. Die Phönix-Qualität ist frühestens  nach 15 Jahren Praxis kultivierbar, da eine nötige Voraussetzung ist, dass der 2. Körper (Qi-Körper) zu einem Maße ausgebildet ist, das er „über den 1. Körper (physischen Körper) hinaus tritt“. Dies meint, dass die innere Kraft soweit ausgebildet ist, dass sie „größer“ ist als die äußere Kraft. In Ruhe und Bewegung ist der physische Körper immer locker und entspannt, die innere Kraft bewegt, gesteuert durch den Geist (Shen), den physischen Körper. Im Kung Fu heißt dies, „der Geist (Shen) lenkt die innere Kraft (Qi) und der Körper (Jing) folgt“. Ist das Qi soweit „gefestigt“, tritt der Geist hervor, d.h. Bewusstsein wird sich seiner selbst bewusst und ist nun bewusst lenkbar. Diese, schwer in Worte fassbare Phase, haben bisher nur wenige fortgeschrittene Erwachsene unter meiner Anleitung erreicht. Methoden hierfür sind fortgeschrittene Qi Gong- Techniken, die daoistische Innere Alchemie und die innere Kampfkunst Tai Chi Chuan. Ohne hinreichende Meditation-Praxis ist dieses nicht erreichbar.
 
7. Schildkröten-Stil:                                                                                                                                            
Der Schildkröten-Stil ist der Meister-Stil. Die Schildkröten-Qualität setzt eine hinreichend Meisterschaft der Phönix-Qualität voraus. Weiterhin ist die Fähigkeit der Reflexion des bis hierhin zurückgelegten Weges der Bewusstseinsentwicklung unabdingbar. 
Hintergründ des Stil der 5 Tiere
Da ich als Kind nur Judo und Karate als Kampfsport lernen konnte und mein Meister, George Xu (Xu Guo Ming), auch erst als Jugendlicher mit Kampfkunst begann, haben wir zusammen den Stil der 5 Tiere kreiert, der sich, wie in der Ausbildung der Erwachsenen, an der daoistischen Theorie der 3 Reinen, dem 8-fachen Pfad der Kultivierung des Selbst und dem Weges der 6 Harmonien orientiert. Diese Inhalte werden den Kindern und Jugendlichen altersgerecht vermittelt.
Wichtig ist mir, dass die Kinder sich von Anfang an bewusst machen, dass sich die aus dem Training ergebende Kampffähigkeit ausschließlich zur Selbstverteidigung eingesetzt werden darf. Da selbst die Jüngsten schon die Erfahrung von Gewalt im Alltag gemacht haben, ist dies immer wieder Thema in den Kursen. Um auch für die jüngeren Kinder einen ethischen Rahmen zu bieten, definiere ich eine Situation in der Selbstverteidigung angebracht ist, als eine Situation in der „ein Böser mir weh tut oder weh tun will“, da kein Mensch das Recht hat, einem anderen weh zu tun. Davon ausgehen versuche ich die Kinder und Jugendliche für die moralischen Dimensionen der Kampfkünste zu sensibilisieren.
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